10.07.25
Frau Meiser
Immer mehr Menschen kaufen online auf Rechnung oder in kleinen Raten – ohne sich bewusst zu machen, dass sie damit einen Kredit eingehen. Besonders beliebt sind „Buy Now, Pay Later„-Angebote (BNPL). Sie wirken harmlos, bergen aber oft Schuldenrisiken. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie BNPL funktioniert, warum es problematisch sein kann, wer besonders gefährdet ist – und wie Sie im Ernstfall die Kontrolle zurückgewinnen.
„Buy Now, Pay Later“ (BNPL) heißt auf Deutsch: Jetzt kaufen, später bezahlen. Es handelt sich um Zahlungsdienste, die es Ihnen ermöglichen, Produkte sofort zu erhalten und erst Tage oder Wochen später zu bezahlen. Anbieter wie Klarna, PayPal, Afterpay, Ratepay oder Scalapay machen das möglich. Viele Shops binden diese Optionen direkt in den Bestellprozess ein.
Typische BNPL-Modelle:
Wichtig: Auch wenn es sich locker und einfach anfühlt, ist BNPL rechtlich fast immer ein Kreditvertrag.
BNPL-Dienste sind niedrigschwellig und wirken unverbindlich. Die wichtigsten Gründe für ihre Beliebtheit:
Gerade junge Erwachsene fühlen sich dadurch unabhängig und selbstbestimmt – und merken oft zu spät, dass sie sich verschuldet haben.
Zusätzlich arbeiten BNPL-Anbieter gezielt mit psychologischen Mitteln:
1. Kleinbeträge summieren sich schnell
Ein T-Shirt hier, ein Bluetooth-Lautsprecher dort – jeweils auf Rechnung oder Raten. Einzelne Beträge wirken harmlos. Doch sie summieren sich. 5 Bestellungen à 50 Euro ergeben 250 Euro. Kommen Mahngebühren und Verzugskosten hinzu, kann sich der Betrag leicht verdoppeln.
2. Kosten bei Zahlungsverzug
Wer nicht pünktlich zahlt, riskiert:
Ein verspätet bezahlter Einkauf über 80 Euro kann am Ende mehr als 160 Euro kosten – ohne dass Sie etwas zurückgeschickt haben.
3. SCHUFA-Einträge
Wird die Zahlung nicht rechtzeitig geleistet, melden manche Anbieter dies an Auskunfteien wie die SCHUFA. Folge: Ihr Score sinkt, was künftige Kredite (z. B. für ein Auto oder eine Wohnung) erschwert.
4. Fehlender Überblick
Im Gegensatz zu einem klassischen Ratenkredit verläuft BNPL oft außerhalb Ihres Girokontos. Viele Nutzer wissen nicht mehr:
5. Geringe Transparenz
BNPL-Anbieter sind oft keine klassischen Banken. Entsprechend fehlen gesetzlich vorgeschriebene Beratungen oder ausführliche Aufklärungen, wie sie bei Bankkrediten üblich sind.
BNPL betrifft viele, doch bestimmte Gruppen sind besonders anfällig:
Auch wer bereits Schulden hat, nutzt BNPL oft, um kurzfristig „Ruhe“ zu haben – und verschärft das Problem dadurch ungewollt.
Julia (24) studiert, jobbt nebenbei und wohnt in einer WG. Sie nutzt BNPL mehrfach im Jahr – für Kleidung, Pflegeprodukte, ein neues Tablet fürs Studium. Beträge: meist zwischen 30 und 60 Euro.
„Es wirkte so harmlos – ich hatte nie das Gefühl, mir etwas wirklich Teures zu leisten.“
Nach vier Monaten hat sie:
„Ich dachte, das klärt sich irgendwie – aber ich hab die Briefe gar nicht mehr geöffnet. Das hat mich überfordert.“
Ein halbes Jahr später:
„Ich hab mich geschämt – alle dachten, ich sei super organisiert. Dabei war ich völlig überfordert.“
1. Überblick schaffen
Schreiben Sie sich auf:
Eine einfache Excel-Liste oder ein Zettel reichen.
2. Zahlungen priorisieren
Zuerst zahlen:
Wenn das Geld nicht reicht: Kontaktieren Sie den Anbieter. Oft sind Zahlungsaufschübe oder Ratenreduzierungen möglich.
3. Keine neuen BNPL-Käufe
Deaktivieren Sie BNPL in Ihren Accounts. Bestellen Sie nur noch, wenn Sie direkt zahlen können. In vielen Shops können Sie BNPL als Option ausschalten.
4. Digitale Tools nutzen
Apps wie Finanzguru oder MoneyControl helfen, den Überblick über laufende Zahlungen zu behalten. Kalendererinnerungen oder Budget-Apps können Sie zusätzlich unterstützen.
Wenn Sie merken, dass Sie oft impulsiv kaufen oder BNPL regelmäßig nutzen, helfen Ihnen folgende Strategien:
Wer bewusst konsumiert, spart nicht nur Geld, sondern gewinnt auch Sicherheit und Selbstbestimmung.
Wenn Sie 2 oder mehr Aussagen mit „Ja“ beantworten, ist es Zeit für Unterstützung. Warten Sie nicht, bis der Schaden größer wird.
Viele Menschen sprechen nicht über Geldprobleme – aus Scham, Angst oder Unsicherheit. Doch genau diese Tabuisierung macht es schwerer, Hilfe zu bekommen.
Wenn Sie merken, dass Sie den Überblick verlieren, Rechnungen sich stapeln oder Sie Post vom Inkasso bekommen: Warten Sie nicht. Sprechen Sie mit Schuldnerberatungen, Ihrer Bank oder einer Vertrauensperson. Beratungsstellen wie Caritas, Diakonie oder die Verbraucherzentrale helfen vertraulich, kostenfrei und ohne Vorurteile.
„Buy Now, Pay Later“ klingt bequem. Es sieht aus wie eine harmlose Zahlungsart, ist aber ein Kredit mit allen dazu gehörigen Risiken. Wer BNPL gezielt und bewusst einsetzt, kann davon profitieren. Wer es jedoch impulsiv, aus Not oder ohne Überblick nutzt, landet schnell in finanziellen Schwierigkeiten.
Verantwortungsvoller Konsum beginnt mit einem ehrlichen Blick auf die eigenen Finanzen. Und wenn Sie sich überfordert fühlen: Holen Sie sich Hilfe. Ohne Scham, aber mit Plan.