31.07.25
Herr Riebe
Kindesunterhalt ist eine gesetzliche Pflicht – aber was tun, wenn das Geld nicht reicht? In unserer täglichen Arbeit als Schuldnerberatung begegnen wir vielen Ratsuchenden, die unsicher sind, wie viel Unterhalt sie wirklich zahlen müssen – oder ob sie überhaupt noch zahlungsfähig sind. Die sogenannte Düsseldorfer Tabelle ist hier ein zentrales Werkzeug.
In diesem Ratgeber erklären wir, was die Düsseldorfer Tabelle ist, wie man sie richtig liest, wie sie in der Schuldnerberatung angewendet wird – und was Sie tun können, wenn Sie bereits Schulden wegen Unterhalt haben. Zusätzlich geben wir Tipps zur Vermeidung von Rückständen, zeigen ein konkretes Fallbeispiel aus unserer Beratungspraxis und beantworten die häufigsten Fragen.
Die Düsseldorfer Tabelle ist eine vom Oberlandesgericht Düsseldorf herausgegebene Orientierungshilfe zur Berechnung des Kindesunterhalts in Deutschland. Sie ist kein Gesetz, wird aber bundesweit von Familiengerichten, Anwälten und Beratungsstellen als Grundlage verwendet.
Sie regelt, wie viel Unterhalt abhängig vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils und vom Alter des Kindes zu zahlen ist.
Die Tabelle besteht aus drei wichtigen Spalten:
Wichtig: Vom Tabellenbetrag wird das hälftige Kindergeld abgezogen, um den tatsächlich zu zahlenden Zahlbetrag zu ermitteln. (Kindergeld 2025: 250 € → 125 € Abzug)
Die vollständige Tabelle können Sie auf der Seite des OLG Düsseldorf herunterladen
Die Düsseldorfer Tabelle basiert nicht auf dem reinen Nettoeinkommen auf Ihrer Gehaltsabrechnung, sondern auf dem sogenannten bereinigten Nettoeinkommen. Dabei werden bestimmte Ausgaben vom Netto abgezogen – allerdings nicht beliebig.
Typische abziehbare Posten sind zum Beispiel:
Achtung: Verbraucherkredite, Leasingraten oder Ratenkäufe, die nach der Unterhaltspflicht eingegangen wurden, können in der Regel nicht abgezogen werden.
Unser Tipp: Lassen Sie im Zweifelsfall durch eine Schuldnerberatung oder Anwalt prüfen, welches Einkommen bei Ihnen wirklich zugrunde gelegt werden darf – das kann Ihre Unterhaltsverpflichtung deutlich verändern.
„Ich wollte alles richtig machen – und bin trotzdem in die Schulden gerutscht.
Mein Name ist Stefan S., ich bin 42 Jahre alt und arbeite als Kraftfahrer. Ich verdiene rund 1.800 € netto im Monat. Ich habe zwei Kinder, die bei meiner Ex-Frau leben – ein Sohn ist 4, der andere 9 Jahre alt.
Nach der Trennung wollte ich alles richtig machen. Ich habe den Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet und pünktlich bezahlt – 355 € für den Kleinen und 426 € für den Großen. Das waren fast 800 € im Monat. Anfangs dachte ich: „Das schaffe ich schon irgendwie.“
Aber ehrlich gesagt: Ich habe mich damit völlig übernommen. Miete, Sprit, Essen – am Ende des Monats blieb mir kaum etwas zum Leben. Ich habe angefangen, mit der Kreditkarte zu zahlen, habe die Stromrechnung geschoben, dann kam ein Ratenkauf dazu.
Irgendwann flatterte eine Pfändung ins Haus. Ich war völlig überfordert. Und gleichzeitig hatte ich ein schlechtes Gewissen – ich wollte ja nicht, dass meine Kinder unter mir leiden.
Dann bin ich zur Schuldnerberatung gegangen. Dort hat man mir ganz ruhig erklärt, dass mein Einkommen gar nicht reicht, um den vollen Unterhalt zu zahlen – zumindest nicht in der Höhe.
Die Beraterin hat mit mir eine genaue Haushaltsaufstellung gemacht und dann geholfen, eine Anpassung zu beantragen.
Heute zahle ich immer noch Unterhalt – aber in einer Höhe, die ich wirklich leisten kann, ohne mich selbst kaputtzumachen. Und das Beste: Ich konnte die Gespräche mit meiner Ex vernünftig führen, weil ich Unterstützung hatte.
Ich wünschte, ich hätte mich früher beraten lassen. Vielleicht wäre mir einiges erspart geblieben.“
Ein Mangelfall liegt vor, wenn der Schuldner nicht genug Einkommen hat, um den vollen Unterhalt leisten zu können, ohne unter das Existenzminimum zu rutschen. In solchen Fällen kann:
Tipp: Wenn Sie weniger als 1.700–1.800 € netto verdienen und mehrere Unterhaltspflichten haben, sollten Sie unbedingt eine individuelle Berechnung durchführen lassen. Die Düsseldorfer Tabelle geht von Mindestbeträgen aus – nicht jeder kann diese leisten.
Ein Elternteil verdient 2.400 € netto im Monat. Ein Kind ist 7 Jahre alt.
Zahlbetrag: 578 € – 125 € = 453 €
Wenn dieses Einkommen für mehrere Kinder reicht, ist eine Verhältnisrechnung nötig.
Auch wer arbeitslos ist oder nur wenig verdient, kann unter bestimmten Voraussetzungen trotzdem zur Unterhaltszahlung verpflichtet werden – und zwar auf Basis eines sogenannten fiktiven Einkommens. Das bedeutet: Es wird ein Einkommen unterstellt, das Sie erzielen könnten, wenn Sie sich ausreichend um Arbeit bemühen würden.
Ein solches fiktives Einkommen kann angesetzt werden, wenn z. B.:
Wichtig: Wenn Sie unverschuldet arbeitslos sind (z. B. nach Kündigung oder Krankheit), darf kein fiktives Einkommen angenommen werden. Lassen Sie sich in solchen Fällen unbedingt beraten, um unnötige Unterhaltsforderungen zu vermeiden.
Ja, Kindesunterhalt hat Vorrang vor anderen Schulden. Aber: Es gibt Grenzen – das Existenzminimum muss Ihnen bleiben. Wir prüfen, ob eine Herabsetzung möglich ist.
Nein. Unterhaltsschulden – sofern sie tituliert oder vorsätzlich nicht gezahlt wurden – sind nicht automatisch von der Restschuldbefreiung umfasst (§ 302 InsO). Sie müssen ggf. weitergezahlt werden.
Dann kann eine Anpassung beantragt werden. Wichtig: Reagieren Sie sofort – sonst laufen Schulden weiter auf. Notfalls selbst zum Familiengericht gehen oder Schuldnerberatung kontaktieren.
Ja, aber anders: Bei volljährigen Kindern (ab 18) müssen beide Eltern barunterhaltspflichtig sein. Meist wird das Einkommen beider Elternteile herangezogen. Der Bedarf liegt höher (aktuell: ca. 930 €/Monat für Studierende auswärtig).
Ja. Nur wenn Sie tatsächlich einen erweiterten Umgang (z. B. 50:50) praktizieren, kann das zur Minderung der Unterhaltspflicht führen. Ein bloßes „jedes zweite Wochenende“ reicht nicht.
Viele Schuldner versuchen aus Scham oder Unwissenheit, Unterhalt irgendwie „durchzuziehen“ – bis sie gar nicht mehr können. Dabei gibt es oft rechtliche Möglichkeiten zur Entlastung, Anpassung oder Ratenzahlung.
Die Düsseldorfer Tabelle ist ein wichtiges Werkzeug, ersetzt aber keine individuelle Prüfung.
Unser Rat: Melden Sie sich frühzeitig bei uns. Wir kennen die Problematik – und wissen, wie wir Sie wieder handlungsfähig machen.