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28.07.25

Frau Bening

Haustiere in der Zwangsvollstreckung: Sind Hund, Katze & Co. pfändbar?

Golden Retriever sitzt entspannt auf Sofa, Gerichtsvollzieher im Hintergrund – Symbolbild Pfändung und Haustiere.

Emotion trifft Rechtsprechung

In Deutschland leben über 35 Millionen Haustiere – darunter Millionen Hunde, Katzen und Kleintiere. Doch was passiert, wenn Halter in finanzielle Not geraten? Dürfen Gerichtsvollzieher Haustiere pfänden? Und wenn ja: Unter welchen Umständen? Diese Fragen beschäftigen viele Menschen – insbesondere dann, wenn eine Lohnpfändung, Zwangsvollstreckung oder eine Vermögensauskunft bevorsteht.

Dieser Beitrag beleuchtet umfassend die rechtlichen Rahmenbedingungen, zeigt anhand von Beispielen auf, wie Gerichte und Gerichtsvollzieher in der Praxis mit solchen Fällen umgehen, und gibt Betroffenen konkrete Handlungsempfehlungen. Ziel ist ein fundierter Überblick für alle, die Klarheit und Sicherheit im Umgang mit Schulden und Tierhaltung suchen.

Das Wichtigste vorab

Haustiere sind in den meisten Fällen nicht pfändbar. Nach § 811c ZPO sind Tiere, die im Haushalt zur privaten Lebensführung gehalten werden, grundsätzlich von der Zwangsvollstreckung ausgenommen. Nur wenn ein Tier erkennbar wirtschaftlich genutzt wird – etwa zur Zucht oder als Einnahmequelle – kann eine Pfändung unter Umständen zulässig sein. Entscheidend ist also nicht die Tierart, sondern der Zweck der Haltung.

Gesetzlicher Rahmen: Pfändungsschutz nach ZPO und BGB

Die zentrale gesetzliche Grundlage für den Pfändungsschutz von Haustieren findet sich in § 811c der Zivilprozessordnung (ZPO). Dort ist ausdrücklich geregelt:

„Tiere, die im Haushalt gehalten werden, sind unpfändbar.“

Diese Vorschrift stellt klar: Haustiere, die zur privaten Lebensführung gehalten werden, dürfen grundsätzlich nicht zur Schuldenregulierung verwertet werden. Damit soll dem besonderen Verhältnis zwischen Mensch und Tier Rechnung getragen werden – sowohl aus ethischer als auch aus sozialer Sicht.

Ergänzend dazu verweist das Bürgerliche Gesetzbuch in § 90a BGB darauf, dass Tiere keine Sachen sind. Allerdings gilt zugleich, dass die für Sachen geltenden Vorschriften auf Tiere entsprechend anwendbar sind, sofern keine spezialgesetzlichen Ausnahmen bestehen. Genau eine solche Ausnahme stellt § 811c ZPO dar.

In der Praxis bedeutet das: Auch wenn Tiere in bestimmten zivilrechtlichen Bereichen (z. B. beim Eigentum oder Besitz) wie Sachen behandelt werden, unterliegen sie nicht automatisch denselben Pfändungsregeln. Vielmehr gelten sie als besonders geschützte Vermögensbestandteile, deren emotionale und soziale Bedeutung für die Halter berücksichtigt werden muss.

Mit der Einführung von § 811c ZPO im Jahr 2007 wurde diese Sonderstellung rechtlich abgesichert. Zuvor mussten sich Pfändungsschutz und Tierschutz aus allgemeinen Abwägungen ergeben – heute ist die Unpfändbarkeit haushaltsbezogener Tiere gesetzlich verankert.

Welche Tiere sind geschützt?

Der gesetzliche Schutz umfasst alle Haustiere, unabhängig von ihrer Art, Größe oder ihrem Marktwert, solange sie nicht der Gewinnerzielung dienen. Dazu gehören:

  • Hunde und Katzen
  • Kleintiere wie Kaninchen, Meerschweinchen, Hamster
  • Ziervögel wie Wellensittiche, Kanarienvögel oder Papageien
  • Aquarien- und Terrarientiere
  • Exoten wie Reptilien, Frettchen oder Schildkröten, wenn sie ausschließlich privat gehalten werden

Entscheidend ist, dass das Tier in den Haushalt integriert ist – also regelmäßig versorgt wird, sozial eingebunden ist und nicht als Zuchttier oder Handelsobjekt dient.

Auch mehrere Tiere im Haushalt führen nicht automatisch zur Annahme eines gewerblichen Betriebs. Es kommt immer auf den Einzelfall an.

Wann ist eine Pfändung dennoch möglich?

In bestimmten Fällen kann ein Haustier dennoch als pfändbares Vermögen gelten. Dies betrifft vor allem Tiere, die nachweislich zur Einkommens- oder Vermögensbildung beitragen:

  • Zuchttiere, deren Nachkommen regelmäßig verkauft werden
  • Turnierpferde oder -hunde mit Preisgeldbeteiligung
  • Tiere, die gewerblich verliehen oder präsentiert werden (z. B. bei Filmproduktionen oder auf Veranstaltungen)

In diesen Fällen wird genau geprüft, ob das Tier tatsächlich Teil eines wirtschaftlichen Konzepts ist – also ob regelmäßige Einnahmen erzielt oder konkret geplant sind. Die bloße Möglichkeit, ein Tier irgendwann zu verkaufen, reicht dabei nicht aus.

Gerichte orientieren sich dabei an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Eine Pfändung muss sich an der sozialen Funktion des Tieres im Haushalt, dem emotionalen Wert für die Halter sowie der Bedeutung des Tierschutzes messen lassen.

Beispiel aus der Praxis:

Ein Schuldner hält einen preisgekrönten Deckrüden und erzielt regelmäßig Einnahmen durch Zuchteinsätze. Das Gericht kam in diesem Fall zu dem Schluss, dass eine Pfändung zulässig sei, da das Tier eindeutig zur Einkommensgenerierung genutzt wurde. Gleichzeitig wurde jedoch angeordnet, dass bei einer Verwertung tierschutzrechtliche Standards eingehalten werden müssen.

Fundtiere, Pflege- und Leihverhältnisse: Wem gehört das Tier?

Nicht jedes Tier im Haushalt gehört automatisch der Person, die es betreut. Häufig befinden sich Tiere nur vorübergehend in Obhut, z. B.:

  • als Pflegehund während eines Auslandsaufenthalts des Eigentümers
  • als Fundtier, das aufgenommen wurde, aber noch keinem Halter zugeordnet werden konnte
  • im Rahmen einer Leihgabe, etwa bei Tierzucht oder familiärer Betreuung

In solchen Fällen stellt sich die Frage: Wem gehört das Tier wirklich?

Denn gepfändet werden darf nur, was dem Schuldner rechtlich gehört. Ist ein Tier lediglich zur Pflege aufgenommen, fällt es nicht unter das pfändbare Vermögen.

Empfehlung:

Um Missverständnisse zu vermeiden, sollten in solchen Fällen Nachweise bereitgehalten werden – etwa ein Pflegevertrag, ein Schenkungs- oder Leihvertrag, tierärztliche Unterlagen oder die Registrierung bei Haustierdatenbanken mit abweichendem Halternamen.

Gibt es einen Streit über das Eigentum, kann der wahre Eigentümer Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO erheben und so die Pfändung verhindern.

Wie läuft eine Pfändung praktisch ab?

In der Regel wird ein Gerichtsvollzieher nicht ohne Vorankündigung tätig. Zunächst erfolgt eine Titulierung der Forderung durch einen Vollstreckungsbescheid oder ein Gerichtsurteil. Erst danach kann eine Zwangsvollstreckung angeordnet werden.

Kommt der Gerichtsvollzieher in die Wohnung, gilt Folgendes:

  • Haustiere werden nicht standardmäßig gepfändet
  • Bei Auffälligkeiten (z. B. professionelle Zuchtboxen, viele identische Tiere) kann ein Verdacht auf wirtschaftliche Nutzung entstehen
  • In solchen Fällen kann eine gerichtliche Prüfung veranlasst werden

Betroffene sollten offen kommunizieren, aktive Nachweise zur privaten Haltung erbringen und sich bei Unsicherheiten rechtlich beraten lassen.

Haustiere in der Vermögensauskunft

Im Rahmen einer Vermögensauskunft nach § 802c ZPO müssen Schuldner ihr pfändbares Eigentum vollständig angeben. Dazu zählt grundsätzlich alles, was wirtschaftlich verwertet werden kann – also z. B. Fahrzeuge, Schmuck, Immobilienanteile oder Bankguthaben.

Gilt das auch für Haustiere?

Nein, Haustiere müssen in der Regel nicht aufgeführt werden, wenn sie keine wirtschaftliche Bedeutung haben. Nur wenn ein Tier tatsächlich regelmäßig Einkommen generiert, kann es sinnvoll (und notwendig) sein, dies anzugeben.

Ein normaler Familienhund oder ein Goldfisch im Aquarium fallen also nicht unter die Offenlegungspflicht.

Pfändungsschutz und Tierschutzrecht

Neben dem Zivilprozessrecht spielt auch das Tierschutzgesetz eine bedeutende Rolle. Nach § 1 TierSchG dürfen Tiere nicht ohne vernünftigen Grund getötet, vernachlässigt oder erheblich belastet werden.

Daraus folgt: Selbst wenn ein Tier theoretisch pfändbar wäre, darf es nicht unter Bedingungen veräußert oder transportiert werden, die seinem Wohl widersprechen. Dies betrifft z. B. den Transport, die Unterbringung in Pfändungsverwahrung oder die Versteigerung.

In Zweifelsfällen muss das Vollstreckungsgericht den Tierschutz gegen das wirtschaftliche Interesse des Gläubigers abwägen. Diese Regelung schützt Tierhalter zusätzlich.

Was tun, wenn die Pfändung droht?

Sollte eine Pfändung tatsächlich angedroht oder eingeleitet werden, gibt es konkrete Handlungsschritte:

  1. Sachverhalt klären: Ist das Tier überhaupt wirtschaftlich relevant? Gibt es Einnahmen, geplante Verkäufe oder Zuchtnachweise?
  2. Nachweise sammeln: Impfpass, Kaufvertrag, Registrierungsdaten und Tierarztrechnungen helfen, den privaten Charakter zu belegen.
  3. Kommunikation suchen: Sprechen Sie frühzeitig mit dem Gerichtsvollzieher und berufen Sie sich auf § 811c ZPO.
  4. Rechtsmittel einlegen: Bei unklarer Eigentumslage oder drohender Fehlbewertung kann ein Antrag ans Vollstreckungsgericht oder eine Drittwiderspruchsklage sinnvoll sein.
  5. Beratung in Anspruch nehmen: Schuldnerberatung, Tierschutzvereine oder ein Fachanwalt für Zivilrecht können Sie unterstützen.

Häufige Fragen zur Pfändung von Haustieren

Dürfen Haustiere gepfändet werden?

Haustiere sind nach § 811c ZPO in der Regel unpfändbar. Sie gelten als Teil der privaten Lebensführung und stehen unter besonderem Schutz.

Welche Tiere sind durch das Gesetz geschützt?

Alle Tiere, die privat im Haushalt gehalten werden – zum Beispiel Hunde, Katzen, Kaninchen, Vögel oder Reptilien –, fallen unter den gesetzlichen Pfändungsschutz.

Wann kann eine Pfändung dennoch erfolgen?

Nur wenn das Tier wirtschaftlich genutzt wird, etwa zur Zucht oder zur Erzielung regelmäßiger Einnahmen, kann es unter bestimmten Umständen gepfändet werden.

Muss ich mein Haustier in der Vermögensauskunft angeben?

Nein. Haustiere ohne wirtschaftliche Nutzung müssen nicht angegeben werden. Nur wirtschaftlich relevante Tiere können im Einzelfall relevant sein.

Was ist, wenn das Tier jemand anderem gehört?

Tiere in Pflege, zur Leihe oder Fundtiere dürfen nicht gepfändet werden. Es zählt ausschließlich das Vermögen der Schuldnerperson. Eigentumsnachweise sind hier hilfreich.

Fazit: Kein Grund zur Panik

Die rechtliche Lage ist in den meisten Fällen eindeutig: Haustiere sind nicht pfändbar, solange sie als Teil des privaten Haushalts betrachtet werden. Eine Pfändung kommt nur dann infrage, wenn ein klarer wirtschaftlicher Nutzen vorliegt – etwa durch Zucht, Verkauf oder gewerbliche Nutzung.

Selbst in solchen Fällen ist eine umfassende rechtliche Prüfung erforderlich. Eigentumsverhältnisse, Verhältnismäßigkeit und Tierschutz müssen berücksichtigt werden. Wer rechtzeitig reagiert, Belege sammelt und seine Rechte kennt, kann den Schutz des eigenen Haustiers erfolgreich verteidigen.

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