Eine schwere Krankheit verändert nicht nur das Leben, sondern häufig auch die finanzielle Situation. Auch Menschen mit gutem Einkommen sind davor nicht geschützt, durch eine längere Erkrankung in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Einkommensausfälle, zusätzliche Kosten und eine oft langwierige Genesung führen nicht selten zu einer Überschuldung. Wer rechtzeitig handelt, kann jedoch die Weichen stellen, um Schlimmeres zu verhindern.
Laut Statistiken sind Erkrankungen eine der häufigsten Ursachen für Überschuldung in Deutschland – und das in allen Einkommensklassen. Besonders betroffen sind Selbstständige und Gutverdiener ohne ausreichende Absicherung. Die Folgen sind nicht nur finanzieller Natur: Stress, Angst und Ungewissheit über die Zukunft belasten zusätzlich.
Warum Krankheit schnell zur finanziellen Belastung wird
Krankheit bedeutet oft, dass das Einkommen sinkt, während bestimmte Ausgaben gleichbleiben oder sogar steigen. Nach der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber reduziert sich das Einkommen auf Krankengeldniveau – in der Regel rund 70 % des Bruttogehalts. Bei hohen Fixkosten wie Immobilienkrediten, Leasingverträgen oder anderen laufenden Zahlungen entsteht schnell eine Lücke.
Unterschied zwischen Angestellten und Selbstständigen:
- Angestellte: erhalten zunächst sechs Wochen volle Lohnfortzahlung, danach Krankengeld.
- Selbstständige: müssen oft private Krankentagegeldversicherungen abschließen – ohne diese gibt es keinen Ersatz für den Verdienstausfall.
Beispielrechnung:
Eine Person mit 5.000 € Gehalt erhält nach sechs Wochen nur noch ca. 3.500 € Krankengeld. Bei monatlichen Fixkosten von 3.400 € bleiben nur 100 € Spielraum – unvorhergesehene Ausgaben führen sofort ins Minus.
Hinzu kommen direkte und indirekte Kosten der Krankheit: Zuzahlungen für Medikamente, Therapien, Fahrtkosten, Haushaltshilfen oder Umbauten in der Wohnung.
Häufige Ursachen für Überschuldung durch Krankheit
Auch ohne Fehlverhalten kann eine Erkrankung die finanzielle Stabilität erschüttern. Typische Ursachen sind:
- Einkommensausfall nach der Lohnfortzahlung
Nach sechs Wochen endet in der Regel die volle Lohnfortzahlung. Das geringere Krankengeld reicht oft nicht, um alle laufenden Verpflichtungen zu decken.
- Hohe medizinische Zusatzkosten
Zuzahlungen zu Medikamenten, Therapien oder Hilfsmitteln summieren sich schnell. Nicht alle Leistungen übernimmt die Krankenversicherung.
- Kosten für Haushaltshilfen und Pflege
Bei längerer Krankheit sind oft zusätzliche Unterstützung oder Pflegeleistungen notwendig, die nicht vollständig übernommen werden. Gerade für berufstätige Haushalte ohne familiäre Unterstützung entstehen hier erhebliche Zusatzbelastungen, die monatlich mehrere Hundert Euro betragen können.
- Umbaukosten im häuslichen Umfeld
Bei körperlichen Einschränkungen sind oft Umbauten nötig – vom Treppenlift bis zu barrierefreien Bädern.
- Fehlende Absicherung
Wer keine private Berufsunfähigkeitsversicherung oder Krankentagegeldversicherung abgeschlossen hat, trägt das volle Risiko eines langfristigen Einkommensausfalls.
- Psychologische Faktoren
Angst, Depressionen oder Überforderung können dazu führen, dass finanzielle Probleme verdrängt oder wichtige Entscheidungen aufgeschoben werden.
Finanzielle Folgen einer längeren Erkrankung
Die finanziellen Konsequenzen zeigen sich oft schon nach wenigen Monaten und können gravierende Langzeitschäden verursachen. Rückstände bei Kreditraten führen schnell zu Mahnverfahren, die in Kündigungen von Krediten durch die Bank enden können. Dispokredite werden überzogen, Mahn- und Inkassogebühren summieren sich, und im schlimmsten Fall drohen Pfändungen.
Unmittelbare Folgen (kurzfristig):
- Rückstände bei Kreditraten und Mietzahlungen
- Dauerhaft überzogener Dispokredit
- Kündigung von Krediten durch die Bank
- Mahn- und Inkassogebühren
- Kontopfändung oder Lohnpfändung
Langfristige Auswirkungen:
- Negative SCHUFA-Einträge und schlechtere Konditionen bei neuen Finanzierungen
- Eingeschränkte Kreditwürdigkeit über mehrere Jahre
- Unterbrechungen in der Altersvorsorge; Nachzahlungen sind selten vollständig möglich
- Erschwerte berufliche Rückkehr durch finanziellen und psychischen Druck
Rechte und Unterstützungsmöglichkeiten
Wer erkrankt ist, hat Anspruch auf verschiedene staatliche und private Leistungen. Wichtig sind rechtzeitige Anträge, vollständige Nachweise und die Beachtung von Fristen.
Krankengeld (gesetzliche Krankenversicherung)
- Anspruch: Gesetzlich Versicherte nach Ablauf der Lohnfortzahlung.
- Dauer: Grundsätzlich bis zu 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Krankheit.
- Besonderheiten: Etwa 70 % des Bruttoeinkommens (gedeckelt durch Höchstbeträge). Ärztliche Bescheinigungen und lückenlose Krankschreibungen sind erforderlich.
Übergangsgeld (Rentenversicherung/Reha)
- Anspruch: Während medizinischer oder beruflicher Rehabilitationsmaßnahmen.
- Dauer: Für die Dauer der bewilligten Maßnahme.
- Besonderheiten: Antrag über die Deutsche Rentenversicherung; Höhe richtet sich nach dem vorherigen Einkommen.
Erwerbsminderungsrente
- Anspruch: Bei dauerhaft erheblich eingeschränkter Erwerbsfähigkeit.
- Dauer: Befristet oder unbefristet, abhängig vom Gesundheitszustand.
- Besonderheiten: Medizinisches Gutachten und versicherungsrechtliche Voraussetzungen nötig; frühzeitig beraten lassen.
Private Absicherungen (Berufsunfähigkeit, Krankentagegeld)
- Anspruch: Bei bestehender Police gemäß Vertragsbedingungen.
- Dauer: Vertragsabhängig (BU meist langfristig, Krankentagegeld für den vorübergehenden Verdienstausfall).
- Besonderheiten: Fristen, Wartezeiten und Ausschlüsse beachten; Leistungsantrag sorgfältig dokumentieren.
Steuerliche Entlastung
- Anspruch: Steuerpflichtige mit nachweisbaren Krankheits- und Pflegekosten.
- Dauer: Im Rahmen der jährlichen Steuererklärung.
- Besonderheiten: Nachweise (Rechnungen, ärztliche Atteste) aufbewahren; außergewöhnliche Belastungen und haushaltsnahe Dienstleistungen prüfen.
Strategien zur Vermeidung einer Überschuldung
Je früher gehandelt wird, desto besser lässt sich die finanzielle Belastung begrenzen. Diese Schritte sind besonders wichtig und können helfen, wieder Kontrolle zu gewinnen:
- Finanzielle Bestandsaufnahme
Einnahmen und Ausgaben genau auflisten, um die Lücke zu erkennen. Nutzen Sie Tabellen oder digitale Haushaltsbuch-Apps.
- Frühzeitige Kommunikation mit Gläubigern
Zahlungsaufschübe oder Ratenreduzierungen können verhindern, dass Verbindlichkeiten eskalieren. Musterbriefe finden sich bei Verbraucherzentralen.
- Prüfung von Ansprüchen
Alle möglichen Sozialleistungen und Versicherungsleistungen beantragen. Hier kann eine Beratung helfen, nichts zu übersehen.
- Kosten senken
Nicht zwingend notwendige Ausgaben vorübergehend streichen, Abos kündigen, Verträge optimieren.
- Professionelle Beratung
Eine Schuldnerberatung kann helfen, individuelle Lösungen zu finden. Besonders wichtig ist, dass diese diskret und auf die Situation von Gutverdienern zugeschnitten ist. Ein erfahrener Berater kann nicht nur bei der Liquiditätsplanung helfen, sondern auch als Vermittler zu Banken oder Gläubigern auftreten, um bessere Konditionen oder Stundungen zu erreichen.
Checkliste – Sofortmaßnahmen:
- Kontostand und laufende Belastungen prüfen
- Krankengeldanspruch klären
- Gläubiger kontaktieren
- Versicherungsleistungen prüfen
- Beratungstermin vereinbaren
Erfahrungsbericht: "Meine Krankheit hat mein Konto leergeräumt"
Claudia S., 39, Marketingmanagerin, erkrankte schwer und fiel für mehrere Monate aus. Nach Ablauf der Lohnfortzahlung erhielt sie Krankengeld – rund 1.500 Euro weniger pro Monat als zuvor. Die Raten für das Eigenheim, das Leasingfahrzeug und laufende Kredite liefen weiter. Zusätzlich musste sie Zuzahlungen für Medikamente und eine Haushaltshilfe leisten.
„Ich habe lange gehofft, dass es sich irgendwie regelt. Aber die Mahnungen häuften sich. Erst die Beratung hat mir gezeigt, welche Hilfen mir zustehen und wie ich mit den Banken sprechen kann.“ Heute hat Claudia einen tragfähigen Rückzahlungsplan und kann sich auf ihre Genesung konzentrieren.
FAQ – Häufige Fragen zur Überschuldung durch Krankheit
Kann die Bank meinen Kredit wegen Krankheit kündigen?
Ja, wenn Raten über längere Zeit nicht gezahlt werden. Frühzeitige Kommunikation ist entscheidend.
Nein. Schulden sind Privatsache, solange keine Pfändung beim Arbeitgeber eingeht.
Was passiert mit meiner Immobilie, wenn ich nicht zahlen kann?
Ohne Einigung mit der Bank droht langfristig die Zwangsversteigerung. Rechtzeitiges Handeln kann dies verhindern.
Gibt es spezielle Hilfen für Selbstständige?
Ja, z. B. über private Versicherungen oder Härtefallregelungen. Eine Beratung klärt die Optionen.
Was tun, wenn die Krankenkasse nicht zahlt?
Sofort Widerspruch einlegen und ärztliche Atteste beifügen.
Kann ich Kredite während Krankheit pausieren?
Viele Banken bieten Stundungen oder Tilgungsaussetzungen an – rechtzeitig anfragen.
Übernimmt die Versicherung Umbaukosten?
Nur, wenn dies vertraglich vereinbart wurde oder es sich um medizinisch notwendige Maßnahmen handelt.
Fazit
Eine Erkrankung kann jeden treffen – und auch finanziell schwer belasten. Überschuldung durch Krankheit entsteht oft schleichend, lässt sich aber durch frühzeitiges Handeln und das Ausschöpfen aller Ansprüche abwenden. Wer Unterstützung annimmt, gewinnt nicht nur finanzielle Stabilität zurück, sondern kann sich wieder auf das Wichtigste konzentrieren: die eigene Gesundheit.