11.06.25

Herr Bening

Finanzämter und ihre Praxis bei Steuerschulden

Finanzämter und ihre Praxis bei Steuerschulden

Im Auftrag unserer Mandaten und zur Vermeidung ihrer Privatinsolvenz verhandeln wir täglich mit vielen Gläubigern, z.B. diversen Hausbanken, Leasingbanken, Kreditkartenunternehmen, Versandhäusern und vielen anderen Auftragnehmern der Privatwirtschaft.

Da diese Unternehmen wissen, dass sie in der Regel bei Schuldnern innerhalb einer Verbraucherinsolvenz am wenigsten Chancen haben, ihre Forderungen einzuholen, lassen sich häufig flexible und für beide Seiten kaufmännisch „vernünftige“ Lösungen und Vergleiche finden, die damit auch eine Insolvenz des Schuldners verhindern.

Steuerschulden beim Finanzamt

Wichtige Informationen zu Schulden beim Finanzamt finden Sie unter Steuerschulden

Nicht selten haben unsere Mandanten aber auch Schulden bei Finanzämtern, häufig entstanden durch Nach­zahlungs­verpflichtungen bei der Einkommens­steuer und anderen Steuerarten, die üblicherweise mit einem gewissen Zeitverzug erst vollständig ermittelt werden können.

Kommt ein säumiger Steuerschuldner innerhalb dieser Zeit zunehmend in Zahlungsschwierigkeiten, z.B. durch Jobverlust oder Krankheit, kann er zum Zeitpunkt des Steuerbescheids durch die vorliegende Überschuldung auch seine Steuerschuld nicht mehr begleichen.

Grundsätzlich kann man dann auch mit Finanzämtern über eine bestimmte Form der Ratenzahlung verhandeln, eher unwahrscheinlich ist allerdings eine Herabsetzung der Steuerschuld an sich. Verhandlungs­bereit zeigen sich die Ämter vielleicht auch bei ggf. existierenden Säumnis­zuschlägen, sofern die Steuerschuld selbst beglichen wird.

Die Ratenzahlung wäre also bei zahlungswilligen und -fähigen Steuerschuldnern, die in aktuten Zahlungs­schwierig­keiten stecken, ein wichtiges Instrument zur Schuldenregulierung.

Leider fehlt bei dem Aspekt der Ratenzahlung die Flexibilität in der finanzamtlichen Verwaltung. Selbst wenn die Finanzbeamten wollten, sie werden Ratenzahlungen nur dann akzeptieren, wenn die Ratenhöhe ausreichend hoch und die Tilgungszeit innerhalb von in der Regel 6 Monaten, seltener bis zu einem Jahr, vereinbart wird. Eine längere Laufzeit würde zwar häufig entscheidend dazu beitragen, dass Schuldner nicht in die Privatinsolvenz gehen müssten, wird aber meistens nicht gewährt. Auch Stundungsregelungen unterliegen ähnlichen Einschränkungen, selbst wenn die wirtschaftlichen Existenz des Steuerschuldners bedroht ist.

Erfahrungen mit dem Finanzamt bei Steuerschulden aus der Praxis

Aus unserer konkreten Praxis mussten wir im Fall eines unserer Mandanten zur Kenntnis nehmen, dass das Finanzamt am Ende also lieber auf beträchtliche Steuer­einnahmen verzichtet, weil es durch die Verwaltungspraxis Schuldner eher in die Privatinsolvenz (mit anschließender Restschuld­befreiung) zwingt, als einem Raten­zahlungs­vorschlag zu entsprechen. Dieser hätte zwar eine Laufzeit von drei Jahren gehabt, aber mit hoher Wahrscheinlich­keit weit mehr an Steuerschulden zurückgeführt als der Weg in die Verbraucherinsolvenz. Denn auch für Steuerschulden wird bei Wohlverhalten am Ende der Insolvenz die Rest­schuldbefreiung erteilt.

Als Spezial-Schuldnerberatung für die Vermeidung von Privatinsolvenzen aber auch als einzelne Privat­personen und damit Steuerzahler können wir diese Haltung nicht nachvollziehen, in der der Staat am Ende kaufmännisch nicht optimales „Forderungs­management“ zu Lasten der Steuereinnahmen praktiziert.

Fairerweise soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass wir vereinzelt durchaus auch einen teilweisen Schuldenerlass oder zumindest verlängerte Ratenzahlungen für unsere Mandanten mit Finanzämtern vereinbaren konnten. Es gibt also auch Ausnahmen von der Regel.

Stundung und Ratenzahlung

Wenn eine sofortige Zahlung der Steuerschuld Ihre wirtschaftliche Existenz gefährden würde, kann beim Finanzamt eine Stundung beantragt werden (§ 222 AO). Voraussetzung ist, dass der Anspruch durch spätere Zahlung nicht gefährdet wird. In der Regel wird bei einer Stundung ein Zins von 0,5 % pro Monat fällig. Eine Ratenzahlung ist meist nur möglich, wenn sie realistisch planbar ist – sie muss rechtzeitig und schriftlich beantragt werden.

Erlass von Steuerschulden

In besonderen Härtefällen kann ein Erlass der Steuerschuld nach § 227 AO erfolgen, etwa wenn die Einziehung der Forderung unbillig wäre. Dies gilt beispielsweise, wenn Ihre wirtschaftliche Existenz dauerhaft bedroht ist und selbst eine Ratenzahlung nicht zumutbar erscheint. Ein Erlass ist jedoch eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde und wird nur selten gewährt.

Verjährung von Steuerschulden

Steuerschulden verjähren grundsätzlich nach fünf Jahren (§ 228 AO). Diese Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer fällig wurde. Allerdings kann jede Maßnahme des Finanzamts zur Durchsetzung der Forderung (z. B. Mahnung, Pfändung) die Verjährungsfrist unterbrechen – die Frist beginnt dann von vorn.

Drittschuldner- und Kontopfändung

Das Finanzamt kann Dritte anweisen, Zahlungen an Sie direkt an das Finanzamt zu leisten – etwa bei einer Steuererstattung durch ein anderes Finanzamt oder einem Auftraggeber. Außerdem sind Pfändungen von Konten und Arbeitseinkommen ohne richterlichen Beschluss möglich. Dies betrifft auch Selbstständige, die beispielsweise auf Einnahmen von Kunden oder Geschäftspartnern angewiesen sind.

Härtefallregelungen

Auch bei organisatorischen oder technischen Problemen, etwa bei Problemen mit dem Elster-Zugang, kann ein Antrag auf Fristverlängerung oder Aussetzung gestellt werden (§ 150 AO). Solche Fälle werden als Härtefall geprüft – ein frühzeitiger Kontakt mit dem Finanzamt erhöht die Chancen auf Kulanz.

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